
Stemwede(WB). Vor der Kommunalwahl befragt die STEMWEDER ZEITUNG die Parteien in der Gemeinde zu den drängenden Problemen der nächsten Legislaturperiode. Für die SPD äußert sich Fraktionsvorsitzender und Kreistagsmitglied Wilhelm Riesmeier. Mit dem Westruper sprach WB-Redakteur DieterWehbrink.
Herr Riesmeier, mal angenommen, die SPD wird – mit einem noch zu suchenden Partner – nach der Kommunalwahl politische Mehrheiten bilden können. Welche drei Punkte in der Gemeindepolitik würden Sie als erstes in Angriff nehmen?
Wilhelm Riesmeier:Erstens brauchen wir eine Wirtschaftsförderin beziehungsweise einen Wirtschaftsförderer in der Verwaltung und einen Ausschuss für Wirtschaftsförderung, Tourismus und Gemeindeentwicklung. Ihm sollten bis zur Hälfte der Mitglieder sachkundige Bürger aus der Wirtschaft wie Gastronomie oder Gewerbeverein angehören, um unsere Gewerbegebiete besser zu vermarkten, den Tourismus auszubauen und die Gemeinde weiter zu entwickeln. Zweitens muss der Betriebsausschuss, in dessen Sitzungen bis zu acht Dienstkräfte der Verwaltung beteiligt sind, in seiner heutigen Struktur aufgelöst und mit neuem Zuschnitt »verschlankt« werden. Und drittens natürlich auch die Wiederrichtung einer Brücke für Radfahrer und Fußgänger im Westruper Weideweg.
Haben Sie einen Wunschpartner im Stemweder Rat, mit dem sie kooperieren würden, um Mehrheiten zu bilden? Wie steht es mit den Grünen oder den Freien Wählern?
Riesmeier:In allen Fraktionen, auch in der CDU und der FDP, gibt es kluge Köpfe, mit denen man gut kooperieren kann oder könnte. Zum Teil müsste sich dann aber noch der Eine oder Andere vom »Fraktionszwang« befreien.
Die Freien Wähler drängen angesichts des angespannten Haushalts auf entschiedenes Sparen, ernten dafür aber auch Bedenken von Kritikern, die der Ansicht sind, man dürfe Stemwede nicht kaputtsparen. Wo liegt bei den Sozialdemokraten die Schmerzgrenze, wenn Leistungen aus Kostengründen gestrichen werden sollen?
Riesmeier:Stemwede muss für seine Bürger lebens- und liebenswert bleiben, sonst kommt zum Demographie- noch das Abwanderungsproblem hinzu. Eine große Rolle spielen hier auch unsere Vereine. Unter anderem sind wir die sportlichste Gemeinde landes- oder gar bundesweit. Diese Stärken sollten wir nicht leichtfertig aufs Spiel setzen und diese daher weiterhin angemessen unterstützen. Das gilt auch für die Infrastruktur, Schulen, Straßen und so weiter.
Viel wird in Stemwede über das Thema Windkraft gestritten. Hat sich Ihre Partei schon festgelegt, wo die Gemeinde Vorranggebiete für Windkraft ausweisen soll?
Riesmeier:Hier gibt es einen eindeutigen Ratsbeschluss, vier Gebiete auf ihre »Tauglichkeit« zu überprüfen. Nach den Einsprüchen der Betroffenen werden wir entscheiden, welches Gebiet wir dann ausweisen.
Während es in der Babbelage heftigen Widerstand der Bürgerinitiative »Veto!« gibt, scheinen die Anwohner der Tiefenriede offenbar keinen Protest gegen Windrad-Pläne zu organisieren. Wie nehmen es denn Ihre Parteifreude aus dem Bezirk Dielingen hin, dass womöglich die Babbelage geschont werden soll und die Tiefenriede nicht?
Riesmeier:Da gibt es bei uns überhaupt kein Problem. Es geht ja nicht darum, ein Gebiet zu »schonen«, sondern dem Gesetz genüge zu tun und ein Vorranggebiet auszuweisen, das die geringsten Beeinträchtigungen für Mensch und Natur zur Folge hat.
Viel wird in Stemwede über den schlechten Zustand der Gemeindestraßen geklagt. Wie würde denn die SPD vorgehen, um hier eine Verbesserung zu erzielen?
Riesmeier:Kleine Schäden, Schlaglöcher und so weiter müssen sofort beseitigt werden, um größere Folgeschäden zu vermeiden. Bei kostenträchtigen Erneuerungen gilt es, die richtigen Prioritäten zu setzen. Insgesamt brauchen wir dazu aber mehr Geld. Das könnten wir bekommen, wenn die Mittel aus der Mineralöl- und Kfz-Steuer gerechter, nach ihrem jeweiligen Straßenflächenanteil, auf die Träger Bund, Länder, Kreise und Gemeinden verteilt würden. Bekanntlich sind mehr als die Hälfte der Straßen in kommunaler Trägerschaft.
Sie selbst haben Vorschläge gemacht, um auch künftig eine ausreichende Versorgung der Gemeinde mit niedergelassenen Ärzten sicherzustellen. Können Sie dies näher erläutern?
Riesmeier:In der gesamten Republik gibt es hier eine Menge guter Beispiele. Für Stemwede könnten uns unter anderem Stipendien helfen: Medizinstudenten erhalten von der Gemeinde ein monatliches Stipendium von 300 oder 400 Euro, wenn sie sich verpflichten, sich nach dem Studium in Stemwede niederzulassen. Tun sie dies anschließend nicht, müssen sie diese Gelder an die Gemeinde zurückzahlen. Bleiben sie, haben wir neue Ärzte und das Geld damit gut angelegt. Bei einer Förderung von drei oder vier Studenten ist der finanzielle Aufwand überschaubar.
Welche Vorschläge hat die Stemweder SPD, um den Folgen des demographischen Wandels – Stichwort weniger Einwohner – zu begegnen?
Riesmeier:Erstens müssen wir als Gemeinde so attraktiv – etwa im Bezug auf Arbeitsplätze, Infrastruktur, Kindergärten, Schulen oder Freizeit – sein, dass die Menschen sich hier wohl fühlen. Zweitens brauchen wir mehr Geburten, die wir durch gezielte Familienförderung, etwa durch Kindergartenplätze, Betragszuschüsse oder ähnliches, erreichen wollen. Hier sind wir bereits kreisweit führend, es könnte aber noch besser »vermarktet« werden. Und drittens geht es – wie auch in den vergangenen Jahrzehnten nicht ohne eine geregelte Zuwanderung. Ich erinnere hier an Flüchtlinge und Vertriebene nach dem Zweiten Weltkrieg, Gastarbeiter in den 60er und 70ern oder an Aussiedler in den 80er und 90er Jahren.
Haben Sie Ideen, wie die kleineren Orte Stemwedes, die besonders starke Einbußen der Einwohnerzahlen hinnehmen mussten und wohl auch noch müssen, für die Zukunft gerüstet werden können?
Riesmeier:Zunächst müssen die Kräfte vor Ort gebündelt werden, wie das in fast allen Orten mit »Dorfvereinen« – das ist hier und da dann auch ein Schützenverein oder die Feuerwehr – schon geschieht. Und die, die dann so für »Leben im Dorf« sorgen, müssen dann auch von der Gemeinde unterstützt werden – nicht nur finanziell, wie das in Stemwede auch schon geschieht. Und eine ganz große, positive Rolle spielen hier auch die örtlichen Heimatpfleger, die in unseren Dörfern Enormes leisten.
Große Sorgen bereitet der prognostizierte Rückgang der Stemweder Schülerzahlen. Deshalb schwelt auch die Diskussion über eine Zusammenlegung von Grundschulstandorten weiter, obwohl deren Erhalt zurzeit noch von der Kommunalpolitik garantiert wird. Welche Haltung hat die SPD dazu?
Riesmeier:Jeder, der unsere Gemeinde und unsere Grundschulen in Haldem, Levern und Oppenwehe kennt, kann doch nur zu dem Ergebnis kommen, dass diese erhalten bleiben müssen: auf der einen Seite weite Wege, lange Fahrtzeiten, hohe Fahrtkosten, auf der anderen Seite die einzelnen Besonderheiten, wie – als ein Beispiel – das Montessori-Konzept und die Förderung durch die Ulderup-Stiftung in Haldem. Wer will denn das zerstören? Und eine Zusammenlegung von Schulen schafft nicht eine zusätzliche Lehrerstelle.