Neue Heimat in Stemwede?

Bürgermeisterkandidat Uwe Wortmann.

Stemwede(WB). Uwe Wortmann möchte Bürgermeister in Stemwede werden. Der unabhängige Kandidat hatte sich auf eine Anzeige der SPD und der Grünen in Stemwede beworben. Sie haben seine Kandidatur unterstützt, lassen ihm aber – frei von Parteipolitik – Raum für eigene Ideen. Mit Uwe Wortmann hat WESTFALEN-BLATT-Redakteur Michael Nichau gesprochen.
Sind Sie gern in Stemwede?
Uwe Wortmann: Ich liebe es, dass die Gemeinde Stemwede ländlich geprägt ist. Ich genieße das Engagement der Leute und die Kreativität, mit der sie ihren Ort nach vorn bringen wollen. Das führt zu tollen Lösungen. Die Menschen sind bodenständig und nett. Es gibt Dinge hier, die sind einzigartig.
Was gefällt Ihnen hier am meisten?
Wortmann: Ich bewundere das Zusammengehörigkeitsgefühl der Bürger, das bei allem noch vorhandenen »Kirchturmdenken« existiert. Dieses Denken wird irgendwann nachlassen. Dass es vorhanden ist, liegt auch nicht an den Bürgern selbst, sondern an der bisherigen Politik. Als Auswärtiger bin ich nicht »mit einem Kirchturm verheiratet« und bringe deswegen dieses Denken nicht mit.
Würden Sie im Falle eines Wahlsiegs nach Stemwede ziehen?
Wortmann: Das habe ich ja schon zu Beginn meiner Kandidatur gesagt. Jetzt ist es allerdings so, dass ich – auch wenn ich nicht gewinne – nach Stemwede ziehen möchte. Das hängt aber in beiden Fällen von der richtigen Immobilie ab. Meine Kinder sind alt genug. Stemwede gefällt mir auch deswegen, weil es so zersiedelt ist. Das macht den Reiz aus.
Welche Chancen auf einen Wahlsieg rechnen Sie sich aus?
Wortmann: Ich bekomme positive Resonanz aufgrund der Art und Weise, wie ich im vergangenen halben Jahr gearbeitet habe. Die Philosophie war, so zu handeln, als ob ich schon Bürgermeister wäre. Das hat Vertrauen geschaffen in die Arbeitsweise mit den Bürgern, wie ich sie mir vorstelle. Ich möchte die Gemeindeentwicklung mit den Bürgern gemeinsam voranbringen. Das haben wir bereits gemacht und es gibt auch schon Ergebnisse, die ich noch vorstellen werde: Es wird eine Firmengründung in Stemwede sowie etwa 40 neue Arbeitsplätze und Zuzüge von Neubürgern geben. Man muss etwas tun, um Stemwede attraktiver zu machen, nicht nur Symptome zu mildern, wie durch eine Schul-Allianz. Wir müssen Übel an der Wurzel packen und Stemwede langfristig attraktiver für Firmen und Einwohner zu gestalten. Ich glaube, die Bürger haben meine Strategie begriffen.
Wo sehen sie die Knack-Themen in Stemwede?
Wortmann: Ein wichtiges Thema ist kundenorientiertes Verhalten. Das bedeutet: eine bürgernahe Verwaltung, die im Gespräch mit den Menschen die Probleme angeht. Wir müssen die Zusammenarbeit zwischen Bürgern und Verwaltung verbessern. Die Verwaltung ist der Dienstleister der Menschen. Es werden zu viele Ideen durch Vorschriften blockiert. Daraus einen Ausweg zu finden ist Aufgabe des künftigen Bürgermeisters. Er muss das Schiff asl Kapitän nach vorne bringen. Die Bürger wissen, was sie wollen. Sie finanzieren durch die Steuern. Die Verwaltung muss die Projekte quasi als Mannschaft auf dem Schiff unter Leitung des Kapitäns durchsetzen.
Wie stehen Sie zur aktuellen Schul-Diskussion?
Wortmann: Wir brauchen die Gesamtschule, die sich auch durch die Nachbarschaft zu Niedersachsen tragen wird. Es kann nicht sein, dass Stemwede die Eigenständigkeit durch eine Kooperation mit Rahden – wie genannt– aufgibt. Es kann nicht sein, dass eine Gemeinde durch Schul-Ausgründung entvölkert wird. Wohnen in Stemwede muss attraktiv sein. Dazu gehört eine eigene weiterführende Schule, damit die Kinder nicht in Rahden, Espelkamp oder woanders zur Schule gehen müssen. Wir müssen kreativ sein und Neues machen und auch Ungewöhnliches wagen.
Wie kann Stemwede finanziell auf gesunden Füßen stehen?
Wortmann: Als Bürgermeister hat man relativ wenig Möglichkeiten, Geld beziehungsweise Einnahmen für die Gemeinde zu generieren. Nur durch einen Zuzug von Bürgern wird etwas möglich. Wir müssen Attraktivität schaffen. Auch Flüchtlingsfamilien mit Kindern können unsere Gesellschaft bereichern. Familien würden vermutlich sogar bleiben. Man müsste Möglichkeiten nutzen, damit der Gemeinde Flüchtlings-Familien zugewiesen würden. Damit ist eine Integration möglich.
Wie kann die ärztliche Versorgung auf dem Land gesichert werden?
Wortmann: Das ganz große Problem ist die Kassenärztliche Vereinigung (KV), die erst reagiert, wenn es zu spät ist. Es gibt Hoffnung auf Übernahme von Stemweder Praxen. Wichtig ist, dass wir Mediziner mit kassenärztlicher Zulassung nach Stemwede bekommen. Dazu gibt es Modelle etwa aus Büsum – dort bezahlt die Gemeinde die Ärzte – oder aus Herford – dort übernimmt das Klinikum die Ansiedlung. Was passt am besten nach Stemwede? Das muss man feststellen.
Sie haben mal gesagt, sie seien »nicht bange, heilige Kühe zu schlachten«. Welche sind das?
Wortmann: Ich habe, wenn ich gewählt werde, fünf Jahre Zeit, etwas zu bewegen. Wenn es der Gemeinde nützt, ist es gut. Ich kann objektiv an die Themen herangehen. Ob ich dafür immer eine Mehrheit finde, ist nicht klar. Es geht darum, Lösungen zu entwickeln.
Was würden Sie als Bürgermeister als Ihre Hauptaufgaben sehen?
Wortmann: Die Frage ist: Wo soll Stemwede in 10 bis 15 Jahren stehen? Themen sind Ausbildung, Arbeit, Wohnen. Um diese zu bearbeiten muss mehr Bürgernähe her. Das Produkt muss gemeinsam mit den Menschen entwickelt und dann in eine Form gegossen werden. Ich sehe Stemwede als Vorzeigegemeinde für attraktives Wohnen auf dem Land. Und wir haben einen guten Arbeitsmarkt. Das will ich erhalten und ausbauen.